Trans Day of Visibility

katta spiel
2 min readMar 31, 2022

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Ich seh dich.

Wie du dich nur langsam traust, dich fragst, bin ich trans genug und ich sag leise ja bis ich verstehe, dass du es lauter brauchst.

Ich seh dich.

Wie du dir jeden Morgen das Gesicht hübsch machst, die Wimpern betonst, die Lippen nachziehst und ausfüllst, all das, was ich nie tun wollte und an dir so richtig aussieht.

Ich seh dich.

Wie du versuchst, einfach nur in dieser Welt zu überleben, einer Welt, in der du ständig damit kämpfen musst, was andere dir hinwerfen, einer Welt, in der deine Eltern über deine Identität bestimmen und transfeindliche Ärzt*innen dir mit Horrorgeschichten die Pubertätsblocker ausreden. Während du in der Schule nie weißt, wo du überhaupt auf’s Klo gehen sollst.

Ich seh dich…

… und ich hoffe manchmal, dass es genug ist, wen ich dich bestärke. Aber die Todesstatistiken sprechen dagegen. Und in der Ukraine werden meine Schwestern an der Ausreise gehindert. Und es bestimmen immer noch so viele über uns, die uns nicht verstehen wollen. Und manchmal ist da einfach nur Verzweiflung.

Aber ich versuche sichtbar zu sein.

Mich nicht damit zufrieden zu geben, dass ich ‘mir ja eine von zwei Optionen aussuchen kann’, und ‘es gibt ja keine Probleme für inter Personen bei der Meldebehörde’ während ich seit drei Jahren einen händisch korrigierten Meldezettel verwende. 3 Stempel! Und dann fange ich halt wieder damit an alles zu erklären, und dass es diese Sichtbarkeit für mehr braucht.

Und ich versuche sichtbar zu sein.

Auch wenn mehrere hundert Personen denken, dass es ok ist, online über mein Leben zu spekulieren, weil ich gesagt habe, dass es mich gibt.

Und ich versuche sichtbar zu sein.

Obwohl es mir eigentlich unangenehm ist und ich es gar nicht so gut finde, selbst hier zu stehen und zu sprechen. Denn ich bin ja auch nur eine Person, ein Mensch mit meinen eigenen Fehlern und Problemen.

Aber ich muss doch sichtbar bleiben.

Damit wir einen Platz schaffen, für alle, die es noch nicht sein können, für die Kinder und Jugendlichen, die unsere Sichtbarkeit und unsere Solidarität brauchen. Für die Freund*innenschaften, die wir noch schließen werden. Für uns alle, und für dich.

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